Die Geschichte eines Messing-Profils
Wie erklärt man Technisches einfach? Eine Story kann helfen. Für eine Business-Story in einem Kundenmagazin, sass ich beim technischen Projektleiter, der mir davon erzählte, wie die Firma sehr spezielle Kühlmöbel in ein neues Restaurant-Konzept eingebaut hat. Da die Türprofile der Kühlmöbel aus Messing sind, hat er einen ganz eigenen Weg erfunden, die Türen abzudichten, damit keine Wärmebrücke entsteht: Eines der grossen Probleme Kühlmöbeln die Messing beschlagen sind, ist, dass das Messing meist »schwitzt«, anders gesagt feucht wird. Aber lesen Sie selbst…
Die Story
Ich habe Angst. Gestern lag ich noch da, gemütlich in der Dämmerung des Lagers.
Ab und an ein Licht; grell, aber man gewöhnt sich daran. Und ein Mensch, der einen meiner Brüder mitnimmt. Wortlos meist.
Was aus ihm werden wird, wissen wir nicht. Mein Bruder klingt hell, wenn er vom Regal genommen wird, fast als würde er sich freuen. Dann wieder Stille, unterbrochen nur von unseren leisen, flüsternden Stimmen.
Worüber wir redeten? Wohin wohl die Reise gehen mag, Geschichten von den anderen vor uns – einer war noch da als wir kamen – und darüber, was wir sein werden und wie gefährlich die Welt da draussen ist. Das Fremde, das Unbekannte.
Vorhin war ich dran. Ich habe Angst.
Der Mensch kam, hat mich mitgenommen. Und ich – bin in meiner Zukunft. Alleine. Ohne meine Brüder und Schwestern.
Ich schwebe durch die Luft dieser lauten Halle. Hier kreischt’s, dort hämmert’s, drüben stöhnt’s. Es quietscht, es stampft, alles zittert. Und dazu die lauten Stimmen der Menschen. Schon werde ich hingelegt, dann gedrückt, gezogen, gebogen. Mir wird heiss. Mir wird kalt. Ich muss weinen. Das muss ich immer, wenn die Temperaturen nicht richtig sind und zu schnell wechseln. Ich habe Angst. Weiss nicht, was mir geschieht. Hier in dieser dröhnenden Halle. Wieder werde ich erhitzt. Sie biegen mich, ziehen mich, formen mich.
Und dann wird es ruhig. Endlich komme ich ein wenig zu Atem. Es ist kühl. Wäre ich nicht so verspannt, müsste ich nicht so weinen, würde ich’s vielleicht sogar geniessen.
«So ist das halt bei uns», würden meine Brüder jetzt wohl sagen: «Wenn du Messing bist, wirst du so lange verändert, bis du deine endgültige Form erreichst.» «Aber warum muss ich dabei immerzu weinen?», habe ich gefragt. «So ist das halt bei uns. Wir weinen, weil wir TemperaturUnterschiede nicht vertragen, und wenn’s zu lang zu feucht wird, laufen wir grün an.» «Ich habe gehört, dann seien wir das reine Gift», meldete sich einer; «ja, dann schlagen wir zurück!» Ich fand noch, «aber schön sind wir dann sicher nicht mehr», und schon nahm der Mensch mich mit.
Ich bin jetzt anderswo. Bei einer «Jeka», habe ich gehört. Immerhin, hier ist es nicht gar so laut. Trotz all der Menschen. Und doch: Ich habe Angst. Dass ich schon bald wieder weinen muss – und vielleicht mein ganzes Leben lang. Ich soll einen Weinkühler zieren, habe ich mitbekommen. Warm aussen, kühl innen. Das ist nicht gut für mich. Gar nicht gut. Schon werde ich aufgetragen. Ich zittere, möchte mich verziehen, grün werden. Ich kann nicht. Ich bin Metall, starr, und es ist zu trocken, um zu grünen.
Doch was ist das? Sanft werde ich ab gerieben. Ich glänze. Und innen wird’s kühl. Immer kühler. Und ich … fühle … nichts. Sanft umschmeichelt mich die Luft. Ange nehm. Meine Augen bleiben trocken. Wenn ich könnte, würde ich lächeln. Ein schönes Gefühl. So lässt sich’s leben.
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Schauen Sie sich hier die gestaltete Story an.
Credits
Auftraggeber: Jeka AG, Arlesheim
Gestaltung: Binkertpartnerinnen, Zürich
Druck: Herzog Druck, Langedorf